Kunstort

Marfa

 

Marfa, so hieß ursprünglich die Wasserstation, die beim Bau der Eisenbahn durch den spanisch-mexikanisch geprägten Südwesten Amerikas gebaut wurde. Auch heute leben hier nur etwa 2000 Menschen, ein absolut unprätentiöser Ort, weit weg von den Metropolen Dallas, Houston oder dem Regierungssitz Austin.

In den Fünfzigern kam Hollywood: der coole James Dean, Elisabeth Taylor noch ganz jung und der charmante Rock Hudson drehten hier mit Regisseur George Stevens den Film „Giganten“ (Giant, 1956). Noch immer gibt es das Hotel, in dem die Filmleute und Stars wohnten, mitten im Ort, das „Paisano“. In den Gängen: Photos der Stars während der Dreharbeiten in Marfa. Fast ebenso schön: sich abends im Patio des Hotels an den Springbrunnen setzen und den Tag zu Ende gehen sehen…

 

Monument To The Last Horse

  Louie, das älteste Pferd der Kavallerie, wurde in Marfa 1932 nach vielen Dienstjahren mit militärischen Ehren in den Himmel der Pferde geleitet und bestattet. Judds Künstlerfreunde Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen entdeckten das Grab des Pferdes: Louie zu Ehren entstand 1988 “The Monument To The Last Horse”, zu sehen in Chinati.  

Galerie-Wochenende:

  heißt hier müssig bummelnd und plaudernd von Galerie zu Galerie schlendern, mit Insidern plaudern – oder auf Schatzsuche gehen… und abends wenigstens noch einen Platz an der Bar eines der wenigen Restaurants ergattern – leckere Nudeln, guter Wein, zu New Yorker Preisen. Tischreservierungen sind, sorry, leider nicht möglich. Doch lieber Pizza draußen vor dem Pizzaladen, neben wild diskutierenden jungen Künstlern?  

Marfa, Texas

  Tag und Nacht dröhnt die Eisenbahn majestätisch durch den Ort, oft mit mehreren Lokomotiven…  

Roadtrip -

doch auf den Straßen rund um Marfa ist auch die Border Patrol unterwegs:

Nacht für Nacht versuchen sich illegale mexikanische Einwanderer durchzuschlagen, auf der Suche nach einem besseren Leben jenseits der Grenze…

Der Kunstort Marfa, Texas

1973 entdeckte der amerikanische Künstler Donald Judd den kleinen Ort Marfa im äußersten Westen des US-Staates Texas als Wohn-und Arbeitsort für sich: knapp 300 km entfernt von El Paso, Lehmgebäude, sehr sehr einfach, mexikanisch geprägt, trockene Wüste und staubige Straßen – und wundervolle Landschaftsbilder, ebenso schön wie karg, die Berge, die Wüste…

Jeden Tag unglaublich schöne Bilder, jeden Tag neue Motive und Sonnenuntergänge, auf die es sich lohnt zu warten.

Donald Judd, im New York der 70er Jahre bereits gefeierter und etablierter Künstler, liebte trotz seines Erfolgs in der Metropole das zurückgezogenere Leben: Für sich und seine Familie, für seine Arbeit als Künstler – aber auch für die Präsentation seiner Werke in einer Naturlandschaft, in der er seine Kunst in ihrer Außergewöhnlichkeit angemessen in Szene setzen konnte. So dass sie die Wirkung entfalten konnte, die er als Künstler sich für sie vorstellte. Zugleich um sich selbst genug Unabhängigkeit und Raum zu schaffen, um im eigenen Tempo zu arbeiten.

Judd zog um nach Marfa und ließ New York hinter sich.

Chinati – das Museum von Donald Judd in Marfa

Allein zwei große Hallen in Chinati füllte der Künstler mit seinen puristischen großen Metallobjekten aus schimmerndem Aluminium.

Jedes Werk anders, jedes ausgearbeitet bis ins feinste Detail des Metalls. Daneben deckenhohe Fenster, die das Licht und die Sonne der Wüste Chihuahua auf den matt gebürsteten Kunstobjekten des Meisters aufleuchten lassen. Eine Kollektion, die wie im Rausch erschaffen zu sein scheint, die den ihr gebührenden Platz in diesen Hallen inmitten all der landschaftlichen Schönheit drum herum fand. Puristisch klare, ästhetische Metallkunstwerke, sonnenrötlich leuchtend – seidiger Metallschimmer so weit das Auge reicht, inmitten des vor langer Zeit aufgegebenen Flugplatzes, der zu Chinati gehört. Draußen Rehe und in der Ferne Judds große Betonkunstwerke, die sich in einer langen Linie aneinanderreihen, einen Kilometer lang.

In dem weitläufigen Ausstellungsgelände, das Judd nach den Bergen drum herum „Chinati“ benannte, sind viele weitere Werke Judds zu sehen. Dazu schuf er in den vielen „Baracken“ des Geländes Raum, in dem bis heute weitere Künstler neben Donald Judd ihre Kunst präsentieren konnten – Dan Flavin, der Lichtkünstler, John Chamberlain mit seinen farbigen Werken aus gepresstem Metall. Und Coosje van Bruggen mit Claes Oldenburg, die in Marfa das Grab von Louie, dem ältesten Kavalleriepferd fanden und inspiriert gleich vor Ort das Werk „Monument To The Last Horse“ schufen… bis heute in Chinati zu sehen.

Dieses Jahr seit dem Chinati Weekend im Oktober ist vor allem das Werk der britische Künstlerin Bridget Riley dort präsent. Vorgestellt wurde ihr bisher größtes Werk, ein langgestrecktes Wandgemälde aus Licht und Farbe im Raum. Die Ausstellung der 86-jährigen Künstlerin wird bis 2019 in Chinati zu sehen sein.

Finanziert wurde die Anlage auch mit Hilfe der Dia-Foundation, zu der auch der heute legendäre deutsche Ausstellungsmacher Heiner Friedrich gehörte – verheiratet mit einer ebenso kunstbegeisterten wie finanzkräftigen Erbin aus der Menil-Familie.

Das Patronat der Dia-Foundation trug dazu bei, dass Judd Gebäude, den Flugplatz, auch Ranches im Umkreis kaufen und gestalten konnte.

Später trugen die deutsche Kunsthistorikerin und Kuratorin Marianne Stockebrand und der deutsche Museumsleiter Thomas Kellein dazu bei, dass Chinati als Museum zum Modell wurde, wie Künstler selbst ihre Werke präsentieren.

Heute ist Marfa – trotz Judds Tod im Jahr 1994 – ein äußerst lebendiger Ort, der Künstler, Kunstliebhaber, Sammler und Inspirierte aus der ganzen Welt anzieht – besonders an Tagen wie dem Chinati Weekend, Marfa Open oder Marfa Day.

Hinter den oft unscheinbaren Fassaden der Adobe-Häuser, teils noch verfallen, teils sehr liebevoll oder künstlerisch-inspiriert restauriert, leben heute Künstler, Besucher und Handel dicht an dicht. Und so können Künstler und Sammler sich näher kommen… oder friedlich und unerkannt aneinander vorbei laufen.

Bekannte Galeristen aus New York, und Santa Fe haben sich in Marfa Ausstellungsräume geschaffen, einige leben das ganze Jahr über hier, andere kommen immer wieder hierhin zurück.

Ein Kraftort?

 

chinati.org & juddfoundation.org/

 

Eine kleine Auswahl der Galerien in Marfa:

Munson Hunt - Deconstructed Tree, 2017, Gallery inde/jacobs, Marfa

Galerie inde/jacobs

Nur wenige hundert Meter entfernt die wunderschönen Ausstellungsräume der Galerie inde/jacobs, die hier bis Anfang Januar 2018 Werke von Munson Hunt zeigt –

Liebe zur Natur, die zu Kunst wird.

RAYCHAEL STINE - Heart Jammer with Mules Ears, 2017, Gallery Eugen Binder, Marfa

Galerie Eugene Binder

Eugene Binder, New Yorker Galerist, zeigt zusammen mit seiner deutschen Ehefrau Werke der US-Künstlerin Raychael Stine: „How Now Snarly Yow“, seit Oktober 2017. Wenn die Künstlerin malt, sitzt ihr großer freundlicher Hund gern neben ihr, wie sie sagt. Wer ihn einmal entdeckt hat, meint ihn in vielen ihrer Bilder zu entdecken…

Ayn Foundation

Etwas ganz Besonderes präsentiert die Galerie der Ayn Foundation: hier hängt u.a. Andy Warhols wandfüllendes Werk „The Last Supper“ und die Werke der deutschen Künstlerin Maria Zerres, “September Eleven”