Stefanie Kabitzke

freudiges Fließen der Farben auf den Leinwänden in kontrastreichen Tönen, scheinbar keiner festen Ordnung verpflichtet. Schaut man genauer, fügen sich Farbenfluss und Muster zu neuer Gestalt und Ordnung – jedes Bild ein Prozess, dem das Auge des Betrachters fasziniert folgt.

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Stefanie Kabitzke in ihrem Atelier in Berlin vor dem wandfüllenden Gemälde „Der Lauf der Dinge“ (2014, Öl auf Leinwand, 250 x 200 cm)

Stefanie Kabitzke in ihrem Atelier in Berlin vor dem wandfüllenden Gemälde „Der Lauf der Dinge“ (2014, Öl auf Leinwand, 250 x 200 cm)

Eine waschechte Berliner Pflanze ist die junge Künstlerin Stefanie Kabitzke – und das im wahrsten Sinne, denn sie entstammt einer Familie von Künstlern und Landschaftsgärtnern.

Die ausgeprägte Farbenpracht ihrer Bilder, ihr Detailreichtum – die Macht der Werke von Stefanie Kabitzke könnte Betrachter zunächst geradezu einschüchtern…

Doch wandert der Blick in die Tiefen ihrer Bilder, wird gefesselt von farbigen und facettenreichen Details, erkennt Formen, die die Künstlerin in monatelanger Feinarbeit und ständiger Zwiesprache mit dem Bild hineinarbeitet. Ein faszinierender Fluss der Farben, der sich in vielen ihrer Bilder findet. Entstanden, indem sie die Ölfarben auf die Leinwand schüttet, wie sie beschreibt.

Was den Betrachter zunächst zu überwältigen droht, findet, sobald der Blick den Farben und Formen folgt, zu fließender Struktur und Ordnung.

Fasziniert wandert der Blick und erkennt immer wieder neue Details und Formen.

Lebewesen? Landschaften? Kraftstrotzende Maschinen? Energien?

Dicht beieinander, manchmal übereinander und eng zusammen.

Trotz dieser Fülle gibt es genug Raum und Freiheit für alle Einzelteile, um sich zu entwickeln und kraftvoll präsent zu sein – wie in der Natur, in unserer gesamtem Welt, unserem Lebensraum: es ist genug Raum für alle und alles vorhanden, um sich in Vielfalt zu Farbigkeit und Formenreichtum zu entwickeln.

Spannung und damit Gefühle bringen erst wir Menschen in diese Welt, so Kabitzke, „ohne Spannung keine Interaktion, keine Reaktionen, keine Gefühle, keine Verbindung unter uns Lebewesen – dann kämen wir nicht weit“.

Teils wandfüllende, teils kleinformatige kraftvolle Gemälde schafft die junge Berlinerin so – aber auch zart farbige Kompositionen, die die Phantasie wandern und schweben lassen.

Stefanie Kabitzke, die junge Künstlerin, wird von starken Kräften vorangetrieben. Energien, die in der Welt erwuchsen, die ihre Kindheit und Jugend prägte. Zwischen den Wäldern, den vielen Havel-Seen und der außergewöhnlichen Architektur Potsdams, wo sie 1984 geboren wird – als Tochter zweier Landschaftsgärtner und Enkel zweier Künstler.

Sich in die „Landschaft“ eines Bildes hinein zu versenken und sich dort mit allen Sinnen umzuschauen – für die Malerin Stefanie Kabitzke ein geliebter Weg: Zunächst um den früh verstorbenen Großvater Siegfried Linke kennen zu lernen, den sie erst über seine Kinderbuch- und Märchen-Illustrationen fand und lieben lernte. Später um Fragen und Antworten zu sich selbst zu suchen und zu finden.

In der Jugendkunstschule wurde sie als sehr talentiert erkannt und gefördert, doch erst an der UdK – als Studentin der Berliner Universität der Künste (Abschluss 2010) bei den Professoren Bernd Koberling, Frank Badur und Pia Fries – mit der entscheidenden Frage konfrontiert:

Warum male ich ein Bild?

All die malerischen Techniken und Fertigkeiten, die sie längst beherrschte und sogar selbst in Kursen vermittelt hatte, halfen ihr da wenig, so folgte das „tiefe schwarze Loch“. Erst daraus erwuchs die Erkenntnis, wie sehr sie die Instrumente des Künstlers braucht, um sich als Mensch ausdrücken zu können und warum sie malt.

„Es fühlt sich beim Malen mit nur ganz wenigen Mitteln so an, dass ich ganz dicht bei mir bin und mich selbst spüre“, beschreibt sie, „wie in sonst keiner anderen Situation. Es macht mich lebendig!“

So nimmt sie sich bei jedem Werk eine „Probephase“, in der sie ein Bild immer wieder herausnehme, sich hinein versenke und damit kontrolliere: „Welche Wirkung hat es auf mich?“

Oft entdeckt sie in diesen Monaten Neues in ihren eigenen Bildern, habe nie das Gefühl, das sie es schon kenne, genieße es, dass es so viele Gesichter habe.

Wenn dieser Zustand stabil wird, das Bild keine weiteren Fragen aufwirft und sie auch keine weiteren Antworten erkennt? „Dann ist das Bild vollendet, reif für eine Ausstellung.“

Ausstellungen in ganz Deutschland folgten inzwischen; unter anderem mehrfach in Berlin, Hamburg, Rheda-Wiedenbrück, Köln, Landshut, Karlsruhe und Hannover.

Wenn die Künstlerin Stefanie Kabitzke eine neue Bilderserie startet, nimmt sie sich Zeit. Ihren eigenen harten Auswahlprozess überstehen dennoch nur drei oder vier der 30-40 Ölfarbe-Schüttungen – nur was sie unmittelbar selbst anspricht und wo sie ein „Thema“ sieht, wird weiter bearbeitet.

Monatelanges Schaffen in ihrem Atelier im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen folgt. Schicht über Schicht legt sie; vielfarbige Gemälde entstehen, oft mehrere parallel. „Die Fülle und die Nuancen darzustellen reizt mich“, sagt sie, “mit all den Farben und Formen, die beweglich sind – mit ungeklärten Stellen, auch mal Schattenseiten“… die wahrhaftig präsent sind: Schaut sie aus den Atelierfenstern im 6. Stock eines älteren Fabrikgebäudes, überblickt sie das alte Stasi-Gelände mit seinem DDR-Staatssicherheits-Gefängnis für Abtrünnige.

Doch in ihren Bildern stecken auch “Formen, die man einfach genießen kann“. Die sich teils rauh, teils samtig oder glatt anfühlen und ganz eigene Geräusche hören lassen, wenn man drüber streicht – Erfahrungen mit allen Sinnen, die die Künstlerin Stefanie Kabitzke auf die Leinwand bringt und fühlen lässt: „Ein Käufer rief mich zwei Wochen nach einer frühen Ausstellung an der UdK an und sagte, er wolle ein bestimmtes Bild kaufen. Er brauche es einfach – er hat`s bekommen!“

Zu ihren Entwicklungsstadien gehörte eine sehr dunkle Phase:

Im Atelier: vor dem Fenster der Künstlerin Stefanie Kabitzke ist das frühere Gefängnis des DDR-Stasi-Geländes in Berlin-Hohenschönhausen zu sehen.

Im Atelier: vor dem Fenster der Künstlerin Stefanie Kabitzke ist das frühere Gefängnis des DDR-Stasi-Geländes in Berlin-Hohenschönhausen zu sehen.

„Manche sagten, das sei depressiv gewesen; aber für mich ist Schwarz ist eine genauso sinnliche Farbe wie helle oder bunte Farben“, beschreibt Kabitzke. Es folgte eine „trübe Phase mit schmutzigen Farben, teils auch mit sehr kühlen Farben auf der Suche nach immer feineren Nuancen von Grautönen“. Doch die „geliebten vielfarbigen Grüntöne tauchen immer wieder auf und es wird farbig!“

Mit nur zwei Farben zu malen würde sie reizen, sinniert sie, doch das sei sie wohl nicht. „Es ist mir ein Bedürfnis, es wird sehr farbig! Wie bei einem Orchester: Am Ende spielt alles mit.

Das bin ich.“

© Heike Rudloff

Ausstellung 16. März – 29. April 2017

BICOLOR –
Stefanie Kabitzke. Wanda Stolle.

LAProjects
Galerie für Gegenwartskunst
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84028 Landshut
+49 871 9654197 – +49 176 45662416

Donnerstag 18 – 21 Uhr, Freitag 11 – 18 Uhr, Samstag 11 – 15 Uhr und nach Vereinbarung

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